Mittwoch, 7. September 2016

Rohrbruch

Eigentlich hätte ich es mir ja denken müssen. Aus dem Duschkopf strömt schwach kaum die Hälfte des gewohnten Wasserstrahls und ich brauche eine Ewigkeit, um das Schampoo auszuspülen. Nichtsahnend verfluche ich die israelischen Wasserwerke. Danach fahre ich frisch geduscht und sauber zur Arbeit. Am späteren Nachmittag dann der Anruf: unser Nachbar, welcher zum Glück öfters rauchend im Garten sitzt, beklagt sich über Wasser, das von unserem höherliegenden Garten in den seinen strömt. Verflixt, das darf doch nicht wahr sein: schon der dritte Rohrbruch in den letzen zwei Jahren!
Wir sind gerade alle nicht zuhause und so wird der Nachbar gleich gebeten, bei uns den Hauptwasserschieber zu schliessen. Aber sobald ich eintreffe, sehe ich mir natürlich sofort die Bescherung an: unser Garten ist wieder einmal total verschlammt und an der Stelle, wo das Wasser mit grossem Druck aus dem Boden sprudelte, klafft ein grosses Loch. Wie erwartet, scheint das Rohr an der selben Stelle wie das letzte Mal leck zu sein.
Draussen ist es schon dunkel und so stellen wir uns erst mal auf einen Abend ohne Wasser ein: die Badezimmer stinken und in der Küche türmen sich die verkrusteten Töpfe, die gespült werden sollten. Meine Tochter muss ausgerechnet heute die Haare waschen und erledigt dies mit zwei Flaschen Mineralwasser. Dann putze ich mit einem Resten Wasser aus der Flasche die Zähne und gehe schlafen.
Am Morgen stehle ich mich früh im Pyjama aus dem Haus und fahre ins Büro. Zum Glück gibt es da eine Dusche. Während ich den starken Strahl des heissen Duschwassers geniesse, denke ich, dass ich eigentlich fast hier lebe: ich dusche hier, ich esse hier, ich verbringe den ganzen Tag hier… Wer braucht überhaupt ein Haus, wenn er in so einer Firma arbeitet? Es fehlt nur noch eine gemütliche Hängematte in einem der Sitzungszimmer.
Zum Glück kann Eyal heute zu Hause arbeiten. Er telefoniert mit der Versicherung und ist bereit, auf den Rettungstrupp zu warten, der den Schaden beheben soll. Ich hingegen kümmere mich erst mal um meine Mailbox und was der Arbeitstag so bringt.
Eyal hält mich per Whatsapp auf dem Laufenden: “komm ja nicht nach Hause!”, “Sie graben alles um!” und so weiter. Das tönt ja vielversprechend! Die telefonische Nachfrage ergibt, dass das Leck trotz Aufbrechen des Bodens an verschiedensten Stellen noch nicht geortet werden konnte. Da der einzige Zugang zum Garten durch unser Wohnzimmer führt, konzentriere ich micht heute ganz besonders intensiv auf meine Arbeit und versuche, an nichts anderes zu denken.
Am Nachmittag teilt mir Eyal mit, dass ein Fachmann mit Rohrkamera zum Aufspüren von Rohrbrüchen eingetroffen ist. Er ist der Mann der Stunde und die defekte Stelle ist nun schnell gefunden.
Etwas später bekomme ich Bescheid, dass der Schaden behoben ist und so fahre ich nach Hause, natürlich aber erst, nachdem ich noch einmal auf Kosten der Firma die Zähne putze, meine Hände gründlich wasche und einfach so das Wasser aus dem Hahnen fliessen lasse. Wer weiss, was mich zu Hause erwartet.
Nachdem ich einen Parkplatz gefunden habe (auf meinem steht ein grosser Lieferwagen) klettere ich über mehrere Erd- und Geröllhaufen in unser Haus. In meiner Küche sitzen zwei schwitzende Männer mit schmutzigen Händen und noch viel schmutzigeren Schuhen und trinken Kaffee. Unsere Stube sieht aus wie ein frisch gepflügter Acker. Zwei weitere schwitzende und schmutzige Männer sind damit beschäftigt, das Loch im Garten zuzuschaufeln und die Geräte wegzuräumen. Auch Eyal, mit nacktem Oberkörper, riecht und sieht aus wie ein Klempner.
Die fünf Rohrbruch-Profis bestätigen, dass sie gleich das ganze Rohr ausgewechselt haben und somit das Problem jetzt garantiert endgültig gelöst ist. Wir können also optimistisch in die trockene Zukunft blicken.
Der Garten ist verwüstet, das Haus verschlammt, aber das Rohr ist geflickt, halleluja! Jetzt geht es ans Putzen!

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