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Es werden Posts vom Februar, 2020 angezeigt.

Abnabelung

Dass ich meiner Achtzehnjährigen immer noch Pausenbrote für die Schule zubereite, ist dumm und überflüssig. Das ist mir klar. Ich bin da hineingeschlittert. Wann wäre der ideale Zeitpunkt gewesen, damit aufzuhören? Als sie Sieben war? Zehn? Fünfzehn? Ich weiss es nicht, aber ich habe ihn offensichtlich verpasst. Mit dummen Gewohnheiten aufzuhören wird immer schwieriger, je länger man sie festfahren lässt. Ja, ich werde es nun dabei belassen. In wenigen Monaten muss die junge Dame für einige Jahre ins Militär und wird eh den Schock ihres Lebens davontragen. Da kommt es auf ein paar Pausenbrote mehr oder weniger auch nicht mehr an. Wo genau liegt der goldene Mittelweg zwischen bedingungsloser Elternliebe und unnötigem Verwöhnen? Kleine Liebesbeweise im Alltag sind wunderbar, aber wann  übertreten wir die Grenze zu sinnloser Übernahme von Verantwortung? Diese Fragen sind für mich auch jetzt, da die Kinder schon erwachsen sind, aktueller denn je. Sivan, die ältere Tochter, ist im Janu

Strickpause

Als ich noch jung war, liebte ich es, zu stricken und ich entwickelte mich zu einer echten Strickexpertin. Ich strickte zu Hause vor dem Fernseher oder am Radio, ich strickte im Zug, ich strickte im Unterricht unter dem Pult, ich strickte jahrelang einfach immer, wohl Hunderte von Jacken und Pullovern, Mützen, Handschuhen und Socken. Wenn ich knapp bei Kasse war, löste ich alte Pullover auf und verwendete die Wolle ein zweites mal. Ich kann mich sogar noch an einen Abend erinnern, als ein junger Mann bei mir zuhause neben mir sass und mich wohl gerne küssen wollte. Er hatte keinen Erfolg – schliesslich musste ich unbedingt diese paar Reihen fertigstricken... Eine seltsame Beschäftigung für eine junge Frau, würde man heute wohl denken. Aber das war ja auch in einem anderen Jahrhundert. Und einen Mann, für den ich die Strickarbeit zur Seite legte, habe ich dann doch noch gefunden. Als ich nach Israel zog, machte das Stricken nicht mehr viel Sinn. Es war zu warm und es gab keine anständ

Im goldenen Käfig

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Immer wenn ich denke, dass es nun wirklich an der Zeit wäre, aus dem goldenen Käfig auszubrechen und endlich den Traum von etwas mehr Sinn und Abwechslung in meinem (immer schneller dahinschmelzenden Rest-)Leben zu verwirklichen, werden von oben die goldenen Gitterstäbe wieder festgezurrt. Ob wohl mein Arbeitgeber nicht nur Zugriff auf meine Computertätigkeit sondern auch auf meine Gedanken hat? Anlässlich eines Gespräches erwähnt die Chefin, dass sie für mich eine Beförderung beantragt hat und diese bewilligt worden sei. An irgendwelche internen Karrieremöglichkeiten habe ich in den letzten Jahren vor lauter Ausbruchsgedanken gar nicht mehr gedacht. Aber bitte, warum eigentlich nicht? Beim Mittagessen erfahre ich, dass das firmeninterne Sportangebot, welches vor zwei Jahren aus Kostengründen gestrichen worden ist, erneuert wird. Das Angebot an kostenlosen Kursen in zahlreichen Sportarten ist verführerisch. Ich schwanke noch zwischen Yoga und Funktionstraining. Dann trifft ga