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Es werden Posts vom November, 2016 angezeigt.

Grosse und kleine Katastrophen

Unterdessen habe ich schon wieder eine Mammographie, Ultraschalluntersuchung und Stanzbiopsie zur Gewebeentnahme hinter mir. Während der Stanze liege ich halb erfroren und steif vor Angst auf dem Bett. Ich mag gar nicht daran denken, was es bedeuten könnte, wenn ich so schnell nach der letzten Behandlung jetzt schon wieder Krebs habe... Nun warte ich auf den Befund. Die Tage sind von Angst, Sorgen und schlaflosen Nächten geprägt. Während unseres Urlaubs im Oktober vergingen die Tage so schnell, dass wir ruckzuck schon wieder den Rückflug antraten, kaum dass ein bisschen Urlaubsstimmung aufkam. Je mehr ich versuchte, die Tage bewusst zu geniessen und hoffte, es würde nie zu Ende gehen, desto schneller tickte die Uhr. Jetzt hingegen, während ich auf den Befund der Biopsie warte, scheint die Zeit stillzustehen. Es ist die längste Woche meines Lebens. Meine Tage sind vollgepackt mit Aktivitäten: bis Itay einrückt, habe ich drei Kinder zuhause, die mich auf Trab halten, wir haben ange

Militärdienst

Letzten Dienstag haben wir unseren Sohn für die nächsten Jahre dem Militär übergeben. Ein sehr eindrücklicher und aufregender Anlass, denn in Israel rücken die jungen Leute nicht einfach alleine ein, sondern sie werden meistens von der ganzen Familie mit viel Lärm und Tararam (jidd., Aufheben) im Rekrutierungsamt abgegeben. Wenn die jungen Frauen und Männer dann aufgerufen werden und den schicksalshaften Bus besteigen, der sie zur Ausmusterung bringt, begleiten sie die Angehörigen mit Rufen und allgemeinem Lärm und bewerfen sie mit Süssigkeiten. Einige Familien bringen Darbuka-Trommeln mit und tragen so noch zur grossen Aufregung bei, die hier herrscht. Den Satz von Woody Allen "Ich muss lachen, sonst bringe ich mich um" habe ich in einem früheren Beitrag schon einmal zitiert. Heute morgen trifft diese Aussage den Nagel auf den Kopf. Niemand freut sich, dass sein Kind ins Militär einrücken muss. Kein junger Mensch hätte nicht gerne die Alternative, in einem friedlichen und

Sonnenuntergang beim Wochenendlauf

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Verdacht

Wie vom Blitz getroffen taumle ich aus dem Brustzentrum. Dr. S hat einen neuen Knoten ertastet, jetzt in der linken Brust. Eventuell nur harmloses Brustgewebe, murmelt der Chirurg, aber er scheint selbst nicht davon überzeugt zu sein, sonst würde er mich wohl kaum gleich an Mammographie und Ultraschall weiterleiten und schriebe auch noch ‚dringend‘ in die obere Ecke. Im Brustzentrum selbst gibt es leider gerade keine freien Termine für die Untersuchungen, bestimmt nicht heute und nicht einmal in den nächsten Wochen. Das Krankenhaus scheint von einem Brustkrebs-Tsunami überrollt zu werden. So finde ich mich bald wieder draussen, bevor ich noch richtig begreife, was hier eben passiert ist. Beim Verlassen des Krankenhauses bin ich so verwirrt, dass ich vergesse, die Parkgebühr zu bezahlen und erst als ich mit dem Wagen vor der geschlossenen Schranke stehe, erwache ich aus meinem Schockzustand. Ich werde in einem anderen Institut einen Termin suchen müssen, die Krankenkasse wird die Kos

Kakerlake Teil 2

Schlussendlich ging alles ganz schnell: Keine Ahnung, wie ich es schaffte, das Tier mit einem einzigen sicheren Schlag meines Schuhs ausser Gefecht zu setzen. Dann musste ich mich noch überwinden, um die widerliche Leiche aus dem Wagen zu befördern, und schon brauste ich an den Bahnhof. Nur werde ich seither den Gedanken nicht los, dass weitere Kakerlakenexemplare auf meiner Kopflehne oder unter dem Bremspedal warten, um mich jeden Moment aus dem Hinterhalt anzuspringen.

Nachkontrolle

Diese Woche steht die Nachkontrolle im Brustzentrum an. Seit der OP ist schon mehr als ein halbes Jahr vergangen und obwohl für mich damals mit dem Krebsbescheid eine Welt zusammenbrach, kommt keine Panik auf. Ich fühle mich schon wieder viel zu sicher. Nicht mehr im Sinne von „mir passiert schon nichts“, diesen Satz habe ich endgültig aus meinem Vokabular gestrichen, sondern eher: “alles kann passieren, heute noch, morgen schon, lass dich nur nicht aus der Bahn werfen“. Die kranke Yael? Zu ihr habe ich ein Beziehung, wie zu einer ehemaligen Klassenkollegin: Wer war das schon wieder? Ach ja, die mit dem Brustkrebs! Einmal war sie meine beste Freundin, aber dann haben wir uns aus den Augen verloren. Keinen Kontakt mehr. Nur wenn ich mich anstrenge, kann ich mich noch vage an sie erinnern. Fast bin ich wieder soweit, zu glauben, dass nicht sein kann, was nicht sein darf. Ich und Krebs ? Das sind zwei Worte, die nicht zusammengehören.

Paella mit Freunden

Am Freitag treffen wir uns zum Abendessen mit Freunden. Über einer schmackhaften Paella führen wir gehaltvolle Gespräche bis spät in die Nacht. Kaum zu glauben, dass viele unserer Kinder schon den dreijährigen Militärdienst abgeschlossen haben. ‚Drei Jahre‘, sagt meine Freundin, deren Sohn erst gerade vor einigen Tagen die Uniform zurückgegeben hat, ‚drei Jahre, die sich anfühlen wie zehn‘. Jetzt bleiben uns nur noch einige Nachzügler, die auch bald einrücken werden. Von Generation zu Generation wird die Hoffnung israelischer Eltern, dass Friede herrschen wird, bis ihr Kind an der Reihe ist, von neuem enttäuscht. Ende Monat rückt mein Sohn ein. Jetzt wird es wirklich höchste Zeit, den Nahostkonflikt zu lösen. Einige Gläser Wein und wir sind sicher, das Patent zum sicheren Frieden in der Region gefunden zu haben. Leider haben wir es am nächsten Morgen wieder vergessen...

Kakerlake Teil 1

Es ist neun Uhr abends, ich muss Eyal vom Bahnhof abholen, sein Zug fährt bestimmt gleich ein, während ich hier an einer grossen Kreuzung vom Rotlicht aufgehalten werde. Ich höre Musik und betrachte müde und in Gedanken versunken im Dunkeln die Autofahrer, die neben mir wartend in ihren Wagen sitzen. Plötzlich huscht über das Armaturenbrett meines Wagens eine Riesen-Kakerlake! Sofort bin ich hellwach und in absoluter Panikstimmung: ein ekliges, widerliches braunes Ding von mindestens sechs oder sieben Zentimeter Länge! Hier, mit mir im Wagen! Alarmstufe 10, in meinem Kopf kreischen Sirenen, mein Puls steigt auf 180! Was nun? Ich kann kaum mehr klar denken, versuche aber trotzdem eiligst eine Lösung zu finden. Den Wagen mitten auf der Kreuzung verlassen? Kommt wohl kaum in Frage. Und sonst? Ich bin mit diesem Biest im Wagen eingeschlossen, ohne Fluchtmöglichkeit! Gleich wird es mich anspringen, oder unter meine Füsse hüpfen, um dann meine Beine hochzuklettern! Ich mache, was wohl je