Mittwoch, 31. August 2016

Lagebericht

Morgen ist der 1. September, endlich Schulferien-Ende und der erste Schultag in der neunten Klasse für meine jüngste Tochter. Die Vorbereitungen dazu laufen in den letzten Tagen auf Hochtouren: ihre Nägel sind frisch lackiert, sie besitzt eine neue Jeans und nach einigen Stunden beim Friseur sind ihre Haare glatt wie die einer Japanerin. Dem perfekten Auftritt am ersten Schultag steht also nichts mehr im Weg. Alles weitere ist im Moment nicht interessant. Ich wünsche viel Erfolg!

Mein Sohn schickt per Whatsapp ein Foto aus dem Kibbutz und schreibt dazu: wer hat Lust auf ein paniertes Schnitzel?
Er hat heute die Aufgabe, die toten Hühner in einem Eimer (oder vielen Eimern) einzusammeln… 
Ja, in dieser Beziehung ist Israel noch ein Entwicklungsland und die Bedingungen sind katastrophal. Zwei meiner Kinder essen deshalb kein Hühnerfleisch mehr und auch ich habe vor, mit schlechtem Gewissen noch die Vorräte im Tiefkühler aufzubrauchen und dann keines mehr zu kaufen. Man kann es ethisch wirklich nicht verantworten. Ich mag gar nicht daran denken, wo bei uns die Eier herkommen, aber ich versuche, mich möglichst nicht damit zu befassen, denn auf Eier möchte ich nicht verzichten. Gerne würde ich für Bio-Eier ein wenig mehr bezahlen, aber ich traue dem Prädikat “Bio” in Israel nicht. Bestimmt verfristen auch Bio-Hühner in Israel ihr Leben in KZ-Bedingungen, nur weiss der Halter, wen er unter der Hand bezahlen muss, um den richtigen Stempel zu  bekommen. Nun, Israel ist nun mal nicht die Schweiz, aber ich bin sicher, dass die Israelis, sobald sie nur die Probleme mit den feindlichen Nachbarländern und den Konflikt mit den Palästinensern gelöst haben, sich auch um die Tierhaltung kümmern werden.

Sivan, meine älteste Tochter, kümmert im Moment weder der erste Schultag ihrer Schwester noch die israelische Geflügelhaltung, denn sie hat Liebeskummer. Sie hat sich erneut von ihrem Freund getrennt und ist nun besonders am Boden zerstört, denn nach der letzten Trennung hat sich ihre Beziehung eher verfestigt und ich hörte insgeheim schon die Hochzeitglocken läuten. Nun hat er sie mit irgendeiner Tat (die ich hier nicht ausplaudern möchte) so sehr verletzt, dass sie für die Beziehung keine Zukunft mehr sieht. Schon zwei Tage leidet sie, ist schlecht gelaunt, isst nichts und bricht in Tränen aus, wenn ich ihr nur “Guten Tag” sage. Als Mutter zerbricht es mir das Herz, sie so zu sehen, auch wenn sie schon einundzwanzig ist. Liebeskummer ist furchtbar. Ich wünsche ihr, dass sie bald und ohne zu viel Kummer den idealen Partner fürs Leben findet. Ist das überhaupt möglich? Wahrscheinlich eher nicht. Es muss wohl so sein, wie es ist.

Manchmal bin ich ganz froh, dass ich nicht mehr zwanzig bin. Natürlich gibt es auch in meinem Alter Probleme, man lässt sich scheiden, hadert mit pfegebedürftigen Eltern, wird krank (ich selbst bin erst vor einigen Monaten an Brustkrebs erkrankt), aber wenn ich zwischen Brustkrebs und Liebeskummer wählen müsste….

Und wie geht es mir? Ich freue mich auf das Wochenende. Wir haben uns für eine zweitägige Wanderung im Norden Israels angemeldet, mit Übernachtung im Beduinenzelt. Nur Eyal und ich. Die Kinder mit ihren Problemen lassen wir zu hause.

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