Unsere Tochter ist verheiratet, die Hochzeit liegt hinter uns! Wir blicken auf einen sehr turbulenten Party-Marathon und ein wunderbares Fest zurück.
In den letzten Tagen folgten die Ereignisse Schlag auf Schlag: am Dienstagabend besuchte Sivan die Mikve, die spirituelle Reinigung für Frauen vor der traditionell-religiösen Hochzeit. Mit meinem säkularen Lebensstil ist mir das rituelle Bad fremd. Doch dann empfinde ich das Eintauchen und die Segenssprüche als Verbindung mit den jahrtausendealten Traditionen des Judentums, das ich so sehr schätze und liebe, als zutiefst ergreifend. Im Anschluss insistieren Sivans Freundinnen auf das traditionelle Challah-Teigopfer, eine Zeremonie in der Frauen um den Segen für die neu gegründete Familie beten. Den lustigen und lockeren Abend mit viel Vorfreude auf den neuen Lebensabschnitt lassen die Freundinnen bei einigen Gläsern Wein bei uns im Garten ausklingen, während ich Schlafen gehe.
Am nächsten Tag putzen wir das Mehl weg und sind mit letzten Vorbereitungen beschäftigt. Am Abend treffen sich die Freundinnen wieder bis in späte Stunden bei uns im Garten – diesmal ohne traditionellen Hintergrund.
Sivan verbringt die Nacht bei uns und am Tag der Hochzeit überstürzen sich die Ereignisse. Die Visagistin und der Hairdesigner beginnen in den Morgenstunden ihr Wunderwerk, um aus Sivan die Schönste aller Bräute zu zaubern. Dass die Freundinnen die ganze Zeit zugegen sind, muss wohl gar nicht mehr erwähnt werden. Auch ein Fotografenteam ist dabei und kurz nach 14 Uhr treffen der Bräutigam mit Gefolge ein. Jetzt drängen sich schon weit über zwanzig Personen in unserem Garten und in der Stube, in welcher ich in den Tagen vorher wohlweislich alles umgestellt habe, um Platz für die Fachleute, die Begleitpersonen und für grosse Spiegel, Schminkkoffer, Frisierutensilien und -möbel zu schaffen. Am Nachmittag brechen Braut und Bräutigam für eine mehrstündige Fotosession in Richtung Veranstaltungspark auf. Jetzt ist der Moment für Lianne und mich gekommen, uns zu schminken und die festlichen Kleider anzuziehen. Als auch Eyal in Anzug und Krawatte parat ist, fahren wir los und lassen dabei ein ziemlich zerstörtes Haus zurück.
Die Hochzeit selbst ist ein wunderbares Fest mit mehreren Hundert Gästen und grandioser Stimmung. Unter jubelndem Beifall tanzen Braut und Bräutigam freudig unter den traditionellen Baldachin für die Hochzeitszeremonie. Die Freude und Erregung des jungen Paares sind ansteckend und lassen keinen Gast unberührt. Im Anschluss feiern wir mit den vielen Freunden des Paares ausgelassen bis in die Morgenstunden.
Es wird schon hell als ich mich mit schmerzenden Füssen und dröhnendem Kopf, aber überglücklich, für einige Stunden schlafen lege. Doch bald stehe ich wieder auf und beginne aufzuräumen. Für den kommenden Tag haben wir als kleine Afterparty die engere Familie eingeladen, die nun zusammen mit den neu eingeheiraten Angehörigen über dreissig Personen zählen wird. Der Garten muss auf Vordermann gebracht werden und am Mittag liefert eine Leihfirma Tische, Stühle, Sonnenschirme und Geschirr an. Am Samstag brechen wir früh in die Synagoge auf, wo das junge Ehepaar von der Gemeinde geehrt und gesegnet wird. Ab Mittag treffen die Gäste ein. Danach geht wieder alles so schnell, dass ich am Ende des Tages ganz durcheinander zurückbleibe, mit einem Haus, das erneut aussieht, als wäre ein Tornado durchgezogen. Doch wir räumen auf und dann wird es endlich ruhig. Die frisch Verheirateten packen ihre Kleider, Anzüge, Schuhe, Unmengen von übriggebliebenen Partyutensilien und Spirituosen ins Auto und verabschieden sich.
Ich denke, es ist verständlich, dass ich jetzt nur noch meine Komfortzone zurückhaben und für einige Zeit keine Personen mehr in unserem Haus sehen will, die nicht meiner Kernfamilie angehören.
Natürlich ist auch ein freudiger Anlass wie dieser von den Zeichen der Zeit geprägt. Während der Zeremonie unter dem Baldachin gedenken wir Nitzan. Ihre Mutter und Schwester weilen unter den Gästen.