Freitag, 1. April 2022

Nina geht Baden (Tag 2)

In Israel werden die meisten natürlichen Quellen in menschengefertigten Becken aufgefangen. Das diente vermutlich einst zum Tränken der Tiere, aber auch um die Nutzung des Wassers für verschiedene andere Zwecke zu vereinfachen. Heute werden die Quellen in der Umgebung Jerusalems oft von religiösen Menschen für natürliche rituelle Bäder genutzt. So auch Ein Itamar, eine Quelle mit einladend klarem Wasser. 

Einige junge Männer sind gerade am Baden als wir eintreffen. Jana hat eine ausgeprägte Abneigung gegen alles Religiöse und während wir anderen Wandererinnen noch über das verführerisch blaue Wasser staunen, ist Jana mit zwei der offensichtlich religiösen Männern schon in ein lautes Streitgespräch verwickelt. Wir versuchen, die Streithälse auseinander zu bringen, denn wir möchten lieber in Ruhe das frische Quellwasser geniessen, als politische Fragen auszudiskutieren. Dann bitten wir die Männer, uns Frauen die Quelle für einige Minuten zu überlassen. Warm ist das Wasser bestimmt nicht, aber Nina scheint vom kühlen Nass völlig in den Bann gezogen. Das hellblaue Becken hat eine solche Anziehungskraft auf sie, dass sie – kaum sind die Männer hinter der nächsten Wegbiegung verschwunden – splitternackt in das Becken springt. Sie scheint sogar vergessen zu haben, dass wir nur vor einer Viertelstunde einige Schulklassen überholt haben, die auf derselben Route unterwegs sind wie wir.

Nach dem Bad schwebt Nina in höheren Sphären. Sie ist überzeugt, dass das Quellwasser spirituelle Kräfte hat. Jana hingegen meint herablassend „Ach was, es ist einfach nur kaltes Wasser“.



2 Kommentare:

Schreibschaukel hat gesagt…

Es macht richtig Spass, auf diese Weise "mitzuwandern".

Yael Levy hat gesagt…

Danke, liebe Schreibschaukel, wir haben dich gerne dabei!