Abends führe ich ein lustiges Gespräch mit meiner Tochter Lianne, die gerade einige Minuten himmelhochjauchzende Laune hat. Sie ist mit einem guten Sinn für Humor und Ironie gesegnet und irgendwie entwickelt sich das Gespräch so, dass wir darüber fabulieren, wie sie von zu Hause ausreißen wird. Ihre Türmpläne sind bis ins Detail durchdacht, wie sich zu meiner Überraschung herausstellt.
Ich klaue deine Kreditkarte und fahre mit dem Zug zum Flughafen, dort buche ich einen Flug.
Du kannst als Noch-nicht-Sechzehnjährige nicht alleine fliegen, sage ich.
Doch, kann ich. Sie hat das überprüft.
Na gut, dann musst du aber schnell handeln, sonst gibt es eine Suchmeldung und dann lassen sie dich bei der Passkontrolle nicht mehr raus.
Wir gehen das Szenario am Flughafen durch und sie hat einige Fragen zum Ticketkauf, Check-in, Sicherheitskontrolle, usw. Ich schmunzle und erkläre ihr alles.
Und wohin fliegst du? Afrika?
Ich warne sie, dass das für eine alleinreisende Fünfzehnjährige recht gefährlich werden könnte.
Na, dann eben Schweiz, zu den Grosseltern.
Ich atme auf. Sehr gute Idee, finde ich.
Aber dort findet ihr mich ja gleich, und dann schickt ihr die Polizei und holt mich wieder nach Hause.
Nein, ist schon in Ordnung, bei deinen Grosseltern kannst du eine Weile bleiben.
Wir besprechen den Flughafen in Kloten und wie man sich dort zurechtfindet. Passkontrolle, Gepäckrückgabe.
Dann nehme ich ein Taxi zu den Grosseltern.
Nein, bitte kein Taxi in der Schweiz mit meiner Kreditkarte!! Weise ich sie vehement zurecht.
Ich erkläre ihr, welchen Zug sie nehmen muss.
Wir malen uns aus, wie sie bei Nacht und Nebel (natürlich muss es nachts sein) bei ihren Grosseltern klingeln wird.
Aber wie erkläre ich ihnen, dass ich von zu Hause weggelaufen bin? (sie spricht leider kein schweizerdeutsch).
Wenn du willst, schreibe ich’s dir auf und geb‘ dir einen Zettel mit... Wir lachen beide.
Am zweiten Abend der Feiertage stellt sich heraus, dass Itay morgen doch noch nicht wieder einrücken muss, sondern noch weiter Urlaub hat – wir sitzen also mit der fremden Stinkwäsche bis nach dem Wochenende fest. Das geht dann doch zu weit, finde ich, und nach einer kurzen Abklärung per WhatsApp darf ich nun spätabends doch noch fremde Wäsche waschen.
Morgen geht’s wieder ins Büro.
1 Kommentar:
herrlich die Idee deiner Tochter. Meine Kinder koennen Deutsch, aber benutzen es sehr sehr wenig. Englisch wird halt mehr gebraucht. Warst du in der juedischen Schule in Zuerich? Die Frau unseres Rabiners kommt aus Zuerich.
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