Unterdessen habe ich schon wieder eine Mammographie, Ultraschalluntersuchung und Stanzbiopsie zur Gewebeentnahme hinter mir. Während der Stanze liege ich halb erfroren und steif vor Angst auf dem Bett. Ich mag gar nicht daran denken, was es bedeuten könnte, wenn ich so schnell nach der letzten Behandlung jetzt schon wieder Krebs habe...
Nun warte ich auf den Befund. Die Tage sind von Angst, Sorgen und schlaflosen Nächten geprägt.
Während unseres Urlaubs im Oktober vergingen die Tage so schnell, dass wir ruckzuck schon wieder den Rückflug antraten, kaum dass ein bisschen Urlaubsstimmung aufkam. Je mehr ich versuchte, die Tage bewusst zu geniessen und hoffte, es würde nie zu Ende gehen, desto schneller tickte die Uhr.
Jetzt hingegen, während ich auf den Befund der Biopsie warte, scheint die Zeit stillzustehen. Es ist die längste Woche meines Lebens. Meine Tage sind vollgepackt mit Aktivitäten: bis Itay einrückt, habe ich drei Kinder zuhause, die mich auf Trab halten, wir haben angefangen, unsere Schlafzimmer und das Badezimmer zu renovieren und vor lauter Durcheinander weiss ich kaum, wo mir der Kopf steht. Als ich eine freie Minute haben, gehe ich ins Kino und ins Theater. Und trotzdem, die Tage vergehen einfach nicht.
Als die nicht enden wollende Woche des Wartens endlich herum ist, teilt man mir mit, dass noch immer kein Befund vorliegt und es zehn Tage bis zwei Wochen dauern kann, bis der Bescheid kommt. Ich rufe täglich im Institut an und erhalte täglich dieselbe Antwort: noch nichts.
Am Donnerstag, vor dem Wochenende, vertröstet man mich auf den nächsten Sonntag.
„Und ein schönes Wochenende noch!“ wünscht mir die Dame gutgelaunt am Telefon...
Am Montag kommt endlich die gute Nachricht: es ist alles in Ordnung. Hurra! Falscher Alarm! Es war alles nur ein Jux. Ich kann aufatmen und weiterleben.
Und ich kann mich wieder den kleinen Katastrophen des Lebens widmen, die natürlich nicht auf sich warten lassen. Beim Nachhausefahren nach dem Einkaufen läuft im Kofferraum meines Wagens fast ein ganzer Liter Milch aus. Ist das nicht wunderbar? Die Kakerlaken werden mir bestimmt für die Nahrung dankbar sein (siehe Kakerlake Teil 1).
Aber trotz grösseren und kleineren Katastrophen: ich fühle mich fantastisch. Plötzlich ist alles ein Kinderspiel.
Und ich erkenne, dass ich mich schrecklich schnell wieder daran gewöhnt habe, meine Gesundheit einfach als selbstverständlich hinzunehmen.
Der Blick aus dem Fenster erfolgt aus Israel, wo ich seit 1988 lebe. Geboren und aufgewachsen bin ich in der Schweiz. Aus meinem Fenster blicken auch Eyal, mein israelischer Mann und meine erwachsenen, sehr israelischen Kinder, Sivan, Itay und Lianne. Die Personen sind echt, unsere Namen aber frei erfunden.
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