Wieder werden die Namen von drei Gefallenen bekannt gegeben: der 21-jährige Eytan Dishon, der 20-jährige Dvir Barazani, der 20-jährige Yinon Tamir.
Der israelische Geheimdienst veröffentlicht, dass die im Gazastreifen tot aufgefundene 19-jährige Verschleppte Noa Marciano offensichtlich etwa 40 Tage, nachdem sie entführt worden war, bei einem Angriff der israelischen Armee auf einen Hamas-Terroristen verletzt wurde. Der Terrorist wurde dabei getötet. Noas Verletzungen waren nicht lebensbedrohend, sie wurde jedoch später im Shifa-Spital von anderen Terroristen ermordet.
Am Abend Raketenalarm im Zentrum Israels. Von Rehovot bis Kfar Saba rennen Hunderttausende in die Schutzräume.
Dienstag, 21.11.
Wieder die Namen von zwei Gefallenen: der 26-jährige Moshe Vaspi, der 20-jährige Ilya Senkin.
Die seit dem 7. Oktober verschollene Shani Gabay wird tot aufgefunden.
Heute Abend soll im Knesset über den Geisel-Deal mit der Hamas abgestimmt werden. 50 Geiseln im Austausch gegen 150 palästinensische Terroristen und Kriminelle. Ausserdem gehören ein vorübergehender Waffenstillstand, Überwachungspausen und die Lieferung von Treibstoff und weiterer humanitärer Hilfsgüter nach Gaza zu dem Übereinkommen. Ich weiss nicht, was ich über den Deal denken soll. Würde ich als Regierungsmitglied dafür oder dagegen stimmen? Jeder einzelne der verschleppten Kinder, Erwachsenen und Alten ist ein wertvoller Mensch und muss nach Hause gebracht werden, darüber gibt es keine Zweifel. Was wird mit den 200 Geiseln geschehen, die bei diesem Deal nicht freigelassen werden? Wird die Hamas bei zukünftigen Verhandlungen den Preis für die von ihnen festgehaltenen Menschen skrupellos in die Höhe schrauben? Wird Israel nach diesem Präzedenzfall überhaupt noch irgendeine Möglichkeit haben, über die Bedingungen zu diskutieren? Welchen Preis wird man das nächste Mal zahlen müssen? Es ist zweifellos ein Pakt mit dem Teufel. Beim Austausch gegen den festgehaltenen israelischen Soldaten Gilad Schalit wurden 2011 mehr als Tausend Inhaftierte freigelassen, darunter Jahja Sinwar, der heute der Führer der Hamas in Gaza ist.
Die seit dem 7. Oktober verschollene Shani Gabay wird tot aufgefunden.
Heute Abend soll im Knesset über den Geisel-Deal mit der Hamas abgestimmt werden. 50 Geiseln im Austausch gegen 150 palästinensische Terroristen und Kriminelle. Ausserdem gehören ein vorübergehender Waffenstillstand, Überwachungspausen und die Lieferung von Treibstoff und weiterer humanitärer Hilfsgüter nach Gaza zu dem Übereinkommen. Ich weiss nicht, was ich über den Deal denken soll. Würde ich als Regierungsmitglied dafür oder dagegen stimmen? Jeder einzelne der verschleppten Kinder, Erwachsenen und Alten ist ein wertvoller Mensch und muss nach Hause gebracht werden, darüber gibt es keine Zweifel. Was wird mit den 200 Geiseln geschehen, die bei diesem Deal nicht freigelassen werden? Wird die Hamas bei zukünftigen Verhandlungen den Preis für die von ihnen festgehaltenen Menschen skrupellos in die Höhe schrauben? Wird Israel nach diesem Präzedenzfall überhaupt noch irgendeine Möglichkeit haben, über die Bedingungen zu diskutieren? Welchen Preis wird man das nächste Mal zahlen müssen? Es ist zweifellos ein Pakt mit dem Teufel. Beim Austausch gegen den festgehaltenen israelischen Soldaten Gilad Schalit wurden 2011 mehr als Tausend Inhaftierte freigelassen, darunter Jahja Sinwar, der heute der Führer der Hamas in Gaza ist.
Bedeutet der Deal auch eine Gefährdung weiterer Menschen? Aufgrund der angeordneten Überwachungspause werden die Hamas-Terroristen Zeit gewinnen, sich neu organisieren und vielleicht den Kopf aus der Schlinge ziehen und sich irgendwo absetzen können. Durch die Feuerpause wird der Krieg länger dauern, und die Hamas wird sich stärken können. So gefährdet der Deal das Leben weiterer Soldaten, die im Gazastreifen kämpfen. Schon 70 Soldaten sind gefallen. Jeder einzelne bricht mir das Herz.
Am Abend wieder Raketenalarm im Zentrum Israels.
Mittwoch, 22.11.
Mittwoch, 22.11.
Wieder die Namen von zwei Gefallenen: der 28-jährige Eitan Rosenzweig, der 25-jährige Liron Snir.
46 Tage, nachdem sie in den Gazastreifen verschleppt wurde, wird die 77-jährige Hanna Kazir tot aufgefunden.
Der Geisel-Deal ist im Knesset angenommen worden. Etwa 50 Geiseln sollen selektiert und freigelassen werden. Ich verwende absichtlich dieses Wort. 240 Menschen werden festgehalten, wie kann man davon 50 zur Freilassung auswählen? Die Kinder? Was ist mit den Jugendlichen? Werden Geschwister zusammenbleiben? Die Angehörigen sollen in den kommenden Stunden informiert werden. Ab morgen sollen an vier Tagen je etwa zehn Geiseln freigelassen werden. Ich kenne keine der Verschleppten oder der Familienangehörigen, aber sogar meine Nerven sind aufs äusserste angespannt. Wie sollen wir diese Tortur überstehen, geschweige denn die Familienangehörigen?
Die Armee soll Anweisungen an Soldaten herausgegeben haben, die den Umgang mit den Geiseln während der Befreiung zum Thema haben. Das kursiert jetzt in den Medien. Es geht dabei vor allem um den Kontakt mit Kindern. In dem Dokument des Gesundheitsministeriums heißt es unter anderem, dass der Soldat/in sich mit Namen und als Mitglied des israelischen Militärs vorstellen und das Kind nach dem Namen fragen soll. Er/sie soll dem Kind erklären, dass es jetzt an einen sicheren Ort gebracht wird. Körperkontakt muss vermieden werden. Ich stelle mir vor, wie man Körperkontakt vermeiden soll, wenn ein zweijähriges Kind nach 48 Tagen Verschlepptsein die Arme ausstreckt und nach den Eltern ruft. Der Begriff „Zuhause“ darf nicht erwähnt werden, denn viele der Geiseln haben kein Zuhause mehr. Auch auf Fragen nach Familienangehörigen soll man nicht eingehen, denn viele der Eltern oder Geschwister sind ermordet worden, zum Beispiel die Eltern von Avigail. Avigail flüchtete am 7. Oktober vor den Terroristen zu den Nachbarn, dann wurde sie mit der ganzen Familie der Nachbarn nach Gaza verschleppt, während die Terroristen ihre Eltern ermordeten und die zwei älteren Geschwister sich 14 Stunden in einem Schrank versteckt hielten. Wird Avigail ihren vierten Geburtstag am 24. November mit ihren Geschwistern in Sicherheit und in Freiheit erleben?
46 Tage, nachdem sie in den Gazastreifen verschleppt wurde, wird die 77-jährige Hanna Kazir tot aufgefunden.
Der Geisel-Deal ist im Knesset angenommen worden. Etwa 50 Geiseln sollen selektiert und freigelassen werden. Ich verwende absichtlich dieses Wort. 240 Menschen werden festgehalten, wie kann man davon 50 zur Freilassung auswählen? Die Kinder? Was ist mit den Jugendlichen? Werden Geschwister zusammenbleiben? Die Angehörigen sollen in den kommenden Stunden informiert werden. Ab morgen sollen an vier Tagen je etwa zehn Geiseln freigelassen werden. Ich kenne keine der Verschleppten oder der Familienangehörigen, aber sogar meine Nerven sind aufs äusserste angespannt. Wie sollen wir diese Tortur überstehen, geschweige denn die Familienangehörigen?
Die Armee soll Anweisungen an Soldaten herausgegeben haben, die den Umgang mit den Geiseln während der Befreiung zum Thema haben. Das kursiert jetzt in den Medien. Es geht dabei vor allem um den Kontakt mit Kindern. In dem Dokument des Gesundheitsministeriums heißt es unter anderem, dass der Soldat/in sich mit Namen und als Mitglied des israelischen Militärs vorstellen und das Kind nach dem Namen fragen soll. Er/sie soll dem Kind erklären, dass es jetzt an einen sicheren Ort gebracht wird. Körperkontakt muss vermieden werden. Ich stelle mir vor, wie man Körperkontakt vermeiden soll, wenn ein zweijähriges Kind nach 48 Tagen Verschlepptsein die Arme ausstreckt und nach den Eltern ruft. Der Begriff „Zuhause“ darf nicht erwähnt werden, denn viele der Geiseln haben kein Zuhause mehr. Auch auf Fragen nach Familienangehörigen soll man nicht eingehen, denn viele der Eltern oder Geschwister sind ermordet worden, zum Beispiel die Eltern von Avigail. Avigail flüchtete am 7. Oktober vor den Terroristen zu den Nachbarn, dann wurde sie mit der ganzen Familie der Nachbarn nach Gaza verschleppt, während die Terroristen ihre Eltern ermordeten und die zwei älteren Geschwister sich 14 Stunden in einem Schrank versteckt hielten. Wird Avigail ihren vierten Geburtstag am 24. November mit ihren Geschwistern in Sicherheit und in Freiheit erleben?
Von mindestens einem Dutzend der in den Gazastreifen Verschleppten weiss anscheinend nicht einmal die Hamas, wo sie sich befinden, eventuell werden sie von Zivilisten oder von rivalisierenden Fatah-Zugehörigen festgehalten. Was für ein Durcheinander. So perfekt organisiert wie die Nazis, die auch in den letzten Kriegsmonaten noch jeden einzelnen zu Ermordenden genau registriert hatten, sind sie dann eben doch nicht.
Sivan geht an die Shiv‘a ihres Bekannten Roee Biber, der vor einigen Tagen im Gazastreifen gefallen ist. Roee hatte seit fünfeinhalb Jahren eine Freundin. Sivan weint schon, bevor sie an die Shiv‘a geht und sagt, sie würde sich umbringen, wenn ihr Freund fallen würde. Was kann ich dazu sagen? Wir sind alle ein riesengrosser Scherbenhaufen. Nach der Shiv‘a fährt sie weiter an einen Anlass zur Erinnerung an ihre ermordeten Freunde Nitzan und Lidor.
Donnerstag, 23.11.
Ich erwache, wie fast jede Nacht, wegen dem Lärm der Kampfflugzeuge, um drei Uhr und kann danach nicht mehr schlafen. Wilde Gedanken an Geiseln und an Soldaten in lebensgefährlichen Situationen spuken mir durch den Kopf.
Frühmorgens Raketenalarm in Ashqelon.
Beim Wäscheaufhängen auf dem Balkon sehe ich Eltern, die ihre Kinder zur Schule begleiten, einige der Väter schieben Kinderwagen mit jüngeren Geschwistern und tragen Sturmgewehre auf dem Rücken. Es ist ein groteskes Bild, doch offensichtlich sind sie im Reservedienst und verbringen etwas Zeit mit den Kindern, bevor sie wieder an die Grenze gehen. Der Schulbus hat nun eine riesige Israelflagge auf dem Kühler.
Sivan hat bei uns übernachtet und erzählt von den traurigen Anlässen, die sie gestern besucht hat. Die Schreie am Massaker des Rave-Festivals verfolgen sie, obwohl sie gar nicht dabei war. Es gibt bei uns zu Hause keine anderen Themen mehr. Nur Krieg, Ermordete, Gefallene, Geiseln, Beerdigungen. Tod, Mord und Trauma.
Es zeichnet sich ab, dass der Geisel-Freilassungs/Waffenstillstanddeal auf morgen verschoben wird. Um 7 Uhr morgens soll die Feuerpause in Kraft treten, um 16 Uhr sollen dreizehn Geiseln freigelassen werden.
Freitag, 24.11.
Sivan hat bei uns übernachtet und erzählt von den traurigen Anlässen, die sie gestern besucht hat. Die Schreie am Massaker des Rave-Festivals verfolgen sie, obwohl sie gar nicht dabei war. Es gibt bei uns zu Hause keine anderen Themen mehr. Nur Krieg, Ermordete, Gefallene, Geiseln, Beerdigungen. Tod, Mord und Trauma.
Es zeichnet sich ab, dass der Geisel-Freilassungs/Waffenstillstanddeal auf morgen verschoben wird. Um 7 Uhr morgens soll die Feuerpause in Kraft treten, um 16 Uhr sollen dreizehn Geiseln freigelassen werden.
Freitag, 24.11.
Um 7.15 Uhr, wohlgemerkt eine Viertelstunde nach Inkrafttreten der Feuerpause, Raketenangriff im Süden Israels. Na ja, pünktlich wie die Schweizer sind sie eben auch nicht.
Heute ist der 4. Geburtstag der verschleppten Avigail.
Am Mittag kaufe ich Gemüse von Bauern aus dem Süden, die jetzt ihre Ware direkt in den Dörfern im Zentrum Israels feilhalten. Diese Bauern stammen aus den zerstörten Kibbutzim in der Nähe des Gazastreifens, viele ihrer Angehörigen sind ermordet worden, ihre Häuser zerstört und abgebrannt. Ausserdem haben sie keine Arbeiter mehr, denn die verbliebenen thailändischen Fremdarbeiter sind abgereist und die Arbeiter aus Gaza fallen aus verständlichen Gründen aus. Dafür habe ich nun 7 Kilo Süsskartoffeln, Avocado und Cherry-Tomaten.
Im Laufe des späteren Nachmittags steigert sich die extreme Anspannung ins Unerträgliche. Das ganze Land hält den Atem an. Weil wir in der Stube keinen Fernseher haben, hängen wir alle an den Handys. Dann wird bestätigt, dass dreizehn israelische Geiseln frei gelassen worden sind. Dazu gibt es, sozusagen im Black-Friday-Sonderangebot, zwölf thailändische Staatsangehörige, von denen, meines Wissens, im Deal gar nicht die Rede war. Wir alle freuen uns mit den Familien, aber die Enttäuschung und Erniedrigung ob diesem Pakt, der uns Menschen zurückbringt, die gar nie anderswo als in ihren Heimen hätten sein dürfen, ist nicht zu leugnen. Die Hamas sitzt einfach am längeren Hebel. Kurz nach 18 Uhr sehe ich die Fotos der Freigelassenen. Es sind hauptsächlich ältere Frauen und nur vier der etwa dreissig verschleppten Kinder. Die vor zwei Tagen tot gemeldete Hanna Kazir ist überraschenderweise lebendig unter den Freigelassenen. Yoni Asher, aus unserem Nachbardorf, darf seine Frau und seine beiden zwei- und vierjährigen Mädchen wieder umarmen, nachdem er am 7. Oktober ihre Verschleppung in einem Video mitansehen musste, das in den Medien die Runde machte. Die heute vierjährige Avigail, der zehn Monate alte Kfir und viele weitere Kinder sind noch nicht dabei. Vielleicht morgen?
Lianne ist den ganzen Tag erschreckend ruhig. Wie gross sind die Chancen des 21-jährigen Omer Shem-Tov, ihrem Kollegen aus dem Militärdienst, nach Hause zurückzukehren?
Am Mittag kaufe ich Gemüse von Bauern aus dem Süden, die jetzt ihre Ware direkt in den Dörfern im Zentrum Israels feilhalten. Diese Bauern stammen aus den zerstörten Kibbutzim in der Nähe des Gazastreifens, viele ihrer Angehörigen sind ermordet worden, ihre Häuser zerstört und abgebrannt. Ausserdem haben sie keine Arbeiter mehr, denn die verbliebenen thailändischen Fremdarbeiter sind abgereist und die Arbeiter aus Gaza fallen aus verständlichen Gründen aus. Dafür habe ich nun 7 Kilo Süsskartoffeln, Avocado und Cherry-Tomaten.
Im Laufe des späteren Nachmittags steigert sich die extreme Anspannung ins Unerträgliche. Das ganze Land hält den Atem an. Weil wir in der Stube keinen Fernseher haben, hängen wir alle an den Handys. Dann wird bestätigt, dass dreizehn israelische Geiseln frei gelassen worden sind. Dazu gibt es, sozusagen im Black-Friday-Sonderangebot, zwölf thailändische Staatsangehörige, von denen, meines Wissens, im Deal gar nicht die Rede war. Wir alle freuen uns mit den Familien, aber die Enttäuschung und Erniedrigung ob diesem Pakt, der uns Menschen zurückbringt, die gar nie anderswo als in ihren Heimen hätten sein dürfen, ist nicht zu leugnen. Die Hamas sitzt einfach am längeren Hebel. Kurz nach 18 Uhr sehe ich die Fotos der Freigelassenen. Es sind hauptsächlich ältere Frauen und nur vier der etwa dreissig verschleppten Kinder. Die vor zwei Tagen tot gemeldete Hanna Kazir ist überraschenderweise lebendig unter den Freigelassenen. Yoni Asher, aus unserem Nachbardorf, darf seine Frau und seine beiden zwei- und vierjährigen Mädchen wieder umarmen, nachdem er am 7. Oktober ihre Verschleppung in einem Video mitansehen musste, das in den Medien die Runde machte. Die heute vierjährige Avigail, der zehn Monate alte Kfir und viele weitere Kinder sind noch nicht dabei. Vielleicht morgen?
Lianne ist den ganzen Tag erschreckend ruhig. Wie gross sind die Chancen des 21-jährigen Omer Shem-Tov, ihrem Kollegen aus dem Militärdienst, nach Hause zurückzukehren?
2 Kommentare:
Das Ganze ist einfach nur schrecklich und eine Tortur für alle.
Ja, es ist eine zermürbende Tortur in einer ausweglosen Situation.
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