Dienstag, 4. Dezember 2018

Chanukka-Makrönchen

Santa in Jerusalem

Ich bin in der Schweiz aufgewachsen, lebe schon drei Jahrzehnte in Israel und spreche und schreibe fast perfekt hebräisch. Gerade deshalb weiss ich persönlich nur zu gut, wie komplex und vielschichtig die Problematik der Entwurzelung ist. So gibt es bei uns zum Beispiel am ersten Chanukka-Abend – während in allen herkömmlichen jüdischen Familien Kartoffellatkes gebraten werden – Raclette. Wenn Weihnachten und Chanukka zeitlich zusammenfallen, kann es vorkommen, dass unsere Chanukkia mit Christbaumschmuck dekoriert ist. An Pessach sind die Matzen viel erträglicher, wenn man sie grosszügig mit Osterhasenschokolade belegt. Und im Dezember kommt früher oder später immer die Lust auf Weihnachtsgebäck. Manchmal habe ich aber den Verdacht, dass dieses, seit ich zum Judentum konvertiert habe, nicht mehr so recht gelingen will. Die Chräbeli, die ich kurz vor Chanukka gebacken habe, sahen noch ganz vielversprechend aus. Bis sich herausstellte, dass sie nach dem Backen am Blech klebten und beim Abkratzen in Stücke zerfielen. 

Heute backe ich Mandel/Pistazien-Makronen (Betty Bossi!). Weil ich nicht allzuviel Zeit habe, besorge ich eigens zu diesem Zweck einen Spritzsack mit gezackter Tülle. Damit werde ich die Makrönchen in wenigen Minuten ruckzuck aufs Blech spritzen. Beim Aufschrauben der Tülle reisse ich aber noch vor dem ersten Gebrauch ein Loch in den Sack. Was nun? Lange starre ich fassunglos das Loch an. Aber ha! So schnell lasse ich mich nicht unterkriegen! Ich bastle einen Spritzsack mit der Tülle und einem herkömmlichen Plastikbeutel. Dabei sollte ich doch wirklich schon wissen, dass, wer Abkürzungen sucht, schlussendlich immer länger unterwegs ist. Wie erwartet, platzt der Makrönchenteig mit der Tülle aus dem improvisierten Beutel. Ich bin verzweifelt. Ich werde wohl nicht darum herumkommen, die Makrönchen einzeln in mühsamer Handarbeit zu formen. Zuerst versuche ich aber, den Teig möglichst ohne Verluste aus dem Plastikbeutel zu schaben. Bald sind viel zu viel Geschirr, meine Hose, fast die ganze Küche und meine Arme bis zu den Ellenbogen mit klebrigem Teig verschmiert. Entmutigt wasche ich mir die Hände. Vom Fenstersims flackern mir dabei mahnend die Flämmchen der Chanukkakerzen entgegen. Täusche ich mich oder flüstern sie „Versuch’s doch mal mit Sufganiot?“


Chanukkia = acht- oder neunarmiger Chanukkaleuchter
Chräbeli = Anisgebäck
Latkes = Kartoffelpuffer
Matzen = dünne ungesäuerte Brotfladen
Sufganiot = rundes Teiggebäck mit Konfitürenfüllung, das am jüdischen Chanukkafest gegessen wird

2 Kommentare:

Magdalena hat gesagt…

Beste Erfahrungen aus dem Alltag! Das sind die besten Geschichten und ich kann gut verstehen, dass Kindheitserinnerungen gerne mal die Gegenwart einholen und auf einmal geht alles zusammen oder auch nicht. Hast Du ein Rezept für Sufganiot? Das würde mich interessieren.
Ich wünsche Dir eine erfüllte Zeit.
Magdalena

Yael Levy hat gesagt…

Liebe Magdalena,
Richtige Sufganiot sind eigentlich aus Hefeteig. Ich mache aber jeweils diese:
350 g Mehl, 1 TL Backpulver, 2 Eier, 400 ml Buttermilch (oder in Israel Eshel oder Gil), 2 EL Zucker, 2 TL Vanillezucker
Öl, zum Backen
etwas Puderzucker zum Bestreuen
Alle Zutaten gut vermischen. Öl in Fritierpfanne erhitzen und mit einem nassen Esslöffel den Teig löffelweise ins Öl geben. Auf kleiner Flamme fritieren. Fertige Sufganiot mit Puderzucker bestreuen.