Dienstag, 25. Januar 2022

Ein Morgen



Nachts regnet es. 
Davon bekomme ich schlafend nicht allzu viel mit, aber die Strassen sind nass, als ich mich im Dunkeln aus dem Haus stehle. Am noch nächtlich grauen Morgenhimmel fegt der Wind gerade die letzten Wolken weg. Nach zehn Minuten Fahrt ins Nachbardorf ist es hell und ich beginne zu laufen. 

Das Laufen ist wie immer, auch nach mehr als zehn Jahren, eine Herausforderung. Der Körper verlangt auf jedem der mehreren Tausend Schritten nachdrücklich nach seinem natürlichen Ruhezustand. Der Kampf ist immer da. Die Kunst ist es, die Gedanken daran nicht überhand nehmen zu lassen. Meine Sinne sind damit beschäftigt, die frische feuchte Luft, den wolkigen blauen Himmel, die regennassen Bäume und Sträucher und den Morgendunst sehend, riechend und hörend in mich aufzunehmen. Ich freue mich über die aufgehende Sonne, die sich in den Pfützen spiegelt und über die Kraft und Lebendigkeit meines Körpers an diesem Morgen. 

Dann, schweissnass trotz der kühlen Morgentemperaturen, fahre ich weiter ins Büro zum Duschen. Während der kurzen Fahrt bemitleide ich all jene Fahrer, die aus dem muffigen Bett noch halb schlafend zur Arbeit fahren, ohne eine Runde an der frischen Luft gedreht zu haben. 

Als ich etwas später die Duschräume verlasse, ist der Himmel wieder grau verhangen. Auf den wenigen Metern Fussweg ins Büro tropft schon leichter Regen auf mein frisch gewaschenes Haar. Es wird ein nasser Tag werden. Die trockene Stunde war ein Geschenk des Himmels an die Morgenläufer.


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