Am Donauknie |
Die Zwetschge ist eine typisch europäische Frucht, die vor allem in Osteuropa weit verbreitet ist und die ich in meiner Kindheit in der Schweiz gerne und oft gegessen habe. Israelisches Klima hingegen mögen die Zwetschgen nicht besonders und daher ist die Saison für diese Frucht bei uns sehr kurz. Auch die Aprikosen sind in Israel nicht heimisch und tauchen nur kurzfristig auf den Märkten auf. Anfangs Sommer kann man jeweils während etwa zwei bis drei Wochen Zwetschgen und Aprikosen im Angebot finden. Dieses Jahr habe ich in den Läden bis jetzt – Mitte Juli – noch keine einzige Zwetschge und nur sehr kümmerliche Aprikosen entdeckt.
Was soll man machen, dass ich auch nach dreissig Jahren in Israel immer noch eher der Zwetschgen- und Aprikosen-Typ bin und mir die hier heimischen Früchte, wie zum Beispiel die Annona, die Kaktusfrucht Sabre, Granatäpfel oder Wollmispeln, nicht besonders munden. Der starke Geruch der Guave ist mir sogar bis zum Brechreiz zuwider. Natürlich gibt es einige Ausnahmen: Ich liebe Litschi, die hier im Sommer gedeihen und Mango, Passionsfrucht und Klementinen, die ich alle sogar im eigenen Garten ernten kann. Auch die süssen Maulbeeren behagen mir und die Surinam-Kirsche, die ebenfalls in meinem Garten wächst, ist eine sehr schmackhafte und aromatische exotische Geschmacksbombe. Aber wenn ich auch Litschi oder Passionsfrüchte gerne vertilge, bleiben die Zwetschgen oder Aprikosen doch besondere „Heimwehfrüchte“, die nicht nur meinen Magen befriedigen, sondern auch die Seele berühren.
Das vergangene Wochenende verbrachte ich in Budapest. Nun weiss ich, dass Budapest eine interessante und eindrückliche Stadt ist, leider aber im Sommer sehr heiss und trotz Lärm und Abgasgestank von Touristenschwärmen überschwemmt.
Natürlich freute ich mich besonders, in den Supermärkten und bei den Früchtehändlern reife und sehr aromatische Aprikosen und Zwetschgen zu finden. Für Gulasch war es eh zu heiss, und so schlug ich mir den Bauch bis zum Platzen mit den geliebten Steinfrüchten voll, wohl wissend, dass mir dieses Vergnügen in Israel nicht mehr vergönnt sein würde. Ich kaufte und ass soviele Zwetschgen, dass ich nun sogar das ungarische Wort für Zwetschge, nämlich ‚Szilva‘ kenne – und Ungarisch ist wahrlich keine leicht aufzufassende Sprache.
Nach drei Tagen in Buda und Pest flüchteten wir aus der stickigheissen Stadt und fuhren mit einem Mietwagen in Richtung Norden. Hier war es gefühlte zehn Grad kühler und die hügelige Landschaft am Donauknie ist imposant. Wir bestiegen die Burg Visegrád, von welcher wir die beeindruckende Aussicht auf die Umgebung bestaunten. Ich badete meine Füsse in der Donau und freute mich wie ein Kind, dass es noch Dinge gibt, die ich „zum ersten Mal“ erlebe.
Im Dörfchen Visegrád kaufte ich im Dorfladen für etwa zwei Euro zwei Kilo Zwetschgen. Diese würde ich mit dem geplanten Nachtflug persönlich nach Israel bringen, um noch möglichst lange von der heiss begehrten Frucht und von unseren Urlaubserlebnissen zu zehren.
Zurück in Israel erwarteten uns drückend heisse Temperaturen, wie immer. Der Nachrichtensprecher verkündete tatsächlich das Wetter in den Morgennachrichten wortwörtlich mit „heiss, feucht und einfach unerträglich“.
Die weitgereisten Zwetschgen sind unbehelligt in Israel angekommen und einen halben Tag später habe ich eine schmackhafte und saftige Zwetschgenwähe auf dem Tisch. Eine Wähe ist für Israelis eine schwer einzuordnende Speise, nicht süss genug für einen Kuchen und zu süss für ein Abendessen. Darum schere ich mich aber ausnahmsweise keinen Deut. Zum Abendessen lasse ich mir die Donaukniezwetschgenwähe schmecken – und geniesse dabei die Aussicht auf den Mangobaum im Garten.
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