Nachts um drei Uhr liegen wir beide wach. Ich, weil das Medikament Tamoxifen mir ab und zu schlaflose Stunden beschert und weil die Unsicherheit über meine berufliche Zukunft mir Sorgen bereitet. Der Konzern, in dem ich arbeite, soll gesundgeschrumpft werden und es droht die Schliessung mehrerer Werke und Massenentlassung Tausender Angestellter weltweit. Auch für mich stehen die Chancen schlecht. Eyal liegt wach, weil er erkältet ist und Halsschmerzen hat. Er produziert eimerweise Rotz und Schleim und dreht sich schnäuzend, räuspernd und hustend im Bett, als wäre er am Ersticken.
„Erinnere mich morgen früh daran, dass ich dich in meinem Testament erwähnen will“, sagt er mit heiserer Stimme in die Dunkelheit.
„Bin ich da etwa noch nicht drin?“, frage ich staunend.
„Nein, habe dich vergessen, ist mir jetzt gerade in den Sinn gekommen“, gibt er zurück.
Ich drehe mich im Dunkeln lächelnd auf die andere Seite.
Solange wir noch Humor haben, ist alles gut.
Der Blick aus dem Fenster erfolgt aus Israel, wo ich seit 1988 lebe. Geboren und aufgewachsen bin ich in der Schweiz. Aus meinem Fenster blicken auch Eyal, mein israelischer Mann und meine erwachsenen, sehr israelischen Kinder, Sivan, Itay und Lianne. Die Personen sind echt, unsere Namen aber frei erfunden.
Montag, 18. Dezember 2017
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3 Kommentare:
Ach, hätte mir jemand mit 20 gesagt, dass ich irgendwann in ferner Zukunft auch Nächte habe, in denen ich nicht schlafen kann, ich hätte mir vor Lachen die Schenkel geklopft.
Und wenn nun - in dieser Zukunft angekommen - in einigen Nächten hintereinander der Schlaf nicht (mehr) kommt (vorzugsweise morgens um 3) und dann doch noch kommt (vorzugsweise morgens kurz bevor der Wecker klingelt)... ach dann, ja dann, denk' ich wie leicht der Schlaf doch war... und vielleicht hat das auch etwas mit "Unbeschwertheit" und der jugendlichen Unbekümmertheit zu tun... (wer liegt schon mit 20 morgens um 3 im Bett und denkt nach... ?)
Ich drück' dir die Daumen für deinen Job.
Liebe Grüsse
Sibylle
Zumindest gegen die Gedanken nachts habe ich mittlerweile eine Lösung gefunden: Hörbücher. Am besten etwas extrem langweiliges mit Knopf im Ohr. Das hilft am besten beim Wiedereinschlafen. Und bringen ja eh nicht weiter die Gedanken in der Nacht... LG aus Berlin von kristin
Liebe Kristin, vielen Dank für den Tipp mit dem Hörbuch, das werde ich auf jeden Fall versuchen! LG, Yael
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