Donnerstag, 26. Dezember 2024

Chanukka und andere Feste


Am 25. Dezember sind dieses Jahr Weihnachten, der erste Tag von Chanukka, sowie der Geburtstag meiner Schwiegermutter zusammen gefallen. Trotz aller Verwandtschaft zwischen den Festen und trotz der dieses Jahr überlappenden Daten, haben Weihnachten und Chanukka, was ihren Ursprung anbetrifft, nichts miteinander zu tun.
Chanukka erinnert an die Wiedereroberung des zweiten jüdischen Tempels in vorchristlicher Zeit in Jerusalem, nachdem dieser von syrisch-hellenistischen Eroberern entweiht worden war. Es ist ein mehrtägiges Fest mit beweglichen Daten, welches die Botschaft von jüdischer Resilienz und Hoffnung vermittelt.
An Weihnachten feiern Christen die Geburt ihres Messias, der als Sohn Gottes die Botschaft der Liebe, der Erlösung und der Rettung zu seinen Anhängern brachte. Jesus soll zwar räumlich nur wenige Kilometer vom jüdischen Tempel entfernt gelebt haben, seine Geburt liegt jedoch auf der Zeitachse 164 Jahre nach dem heute an Chanukka gefeierten Sieg des jüdischen Volkes über die damaligen Besatzer.

Der Geburtstag meiner Schwiegermutter hat sehr wohl etwas mit Chanukka zu tun. Samira Abed Al Asis wurde zum ersten Tag von Chanukka, am 25. Kislev 5701, in Bagdad geboren. Die Juden merkten sich damals die wichtigen Daten nach den jüdischen Feiertagen, nicht nur im Irak. In Israel werden offizielle Daten jedoch nach dem bürgerlichen gregorianischen Kalender verzeichnet. So wurde der Geburtstag nach der Flucht aus dem Irak in Israel amtlich als der 25. Dezember 1940 festgehalten. Zu dem ungewohnten Geburtsdatum bekam die elfjährige Samira damals auch gleich einen neuen, hebräischen Namen: Tamar.


Was den Krieg anbetrifft, ist es wenigstens in unserer Region etwas ruhiger geworden. Dank des Abkommens mit der Hisbollah bleiben die Angriffe aus dem Norden aus. Im Zentrum Israels mussten jedoch in der vergangenen Woche Millionen Israelis, einschliesslich unserer Tochter Sivan, jede Nacht aus den Betten springen und in die Schutzräume rennen, denn die Huthis im Jemen sind weiterhin in Kriegslaune. Die Raketenangriffe sind nicht auf die leichte Schulter zu nehmen, oft bereiten sie beträchtliche Schäden – unter anderem wurde einmal ein Kindergarten zerstört, ein anderes Mal eine Schule.

Dennoch befinden wir uns im Wartemodus. Warten auf den neuen US-Präsidenten, der die Welt retten soll, Warten auf Machtverschiebungen im Nahen Osten und vor allem Warten auf die Freilassung der Geiseln. Trotz der relativen Ruhe können wir an diesen Feiertagen keine wahre Freude empfinden. Zu allgegenwärtig sind die Traumata des Geschehenen, zu gross das Loch in unseren Herzen für unsere 100 Brüder und Schwestern, die in den kalten und nassen unterirdischen Tunneln in Gaza unbeschreiblichen Qualen ausgesetzt sind, zu omnipräsent die Gedanken an diese Kinder, Frauen und Männer, die jede Stunde ein Stückchen mehr elendiglich vor sich hin verhungern, erfrieren, ersticken und sterben.


Mein neues Hobby Flötespielen hilft etwas, mich von sinnlosem Scrollen, schlechten Nachrichten und negativem Gedankenkarussell fernzuhalten. Vor einigen Monaten brachte ich auf einer Blockflöte kaum einen anständigen Ton zustande und Musiknoten waren für mich so fremd wie chinesische Schriftzeichen. Mein Vater hat mir ein vergilbtes Büchlein aus den Fünfziger Jahren anvertraut, aus welchem ich nun fast täglich  einfache Lieder aufgrund der Grifftabellen übe. Gestern konnte ich vor kleinem Publikum recht passabel "Happy Birthday" spielen. Beim Chanukka-Lied Maos Zur pfeifen die hohen Töne noch etwas. "Stille Nacht" beherrsche ich besser, doch dafür fände ich an Tamars Geburtstag, am ersten Tag von Chanukka, wohl nur ein sehr verdutztes Publikum, trotz der dieses Jahr überlappenden Daten.



2 Kommentare:

Schreibschaukel hat gesagt…

Falls du das Büchlein beim nächsten Mal dabei hast, können wir zusammen spielen - das sind Klaviernoten und ich sollte das gerade noch so hinkriegen. Gratulation: Dass du nach so kurzer Zeit schon Weihnachts- und Geburtstagslieder spielen kannst ...chapeau!!!

Yael Levy hat gesagt…

Och, ich bin nicht sicher, ob ich dir das antun sollte, liebe Schreibschaukel! Aber danke für das Kompliment!