Montag, 17. Oktober 2022

Sprudelbad im Toten Meer

Auch wenn das Alltags-Hamsterrad wieder läuft, gibt es doch immer wieder Ereignisse, die für Ausgleich sorgen. Drei Arbeitstage nach dem Urlaub folgt schon ein langes, erlebnisreiches Feiertagswochenende. Am Freitag besuche ich Itay, der nun auch in Tel-Aviv wohnt. Nachdem ich „seine“ Untermiete-Wohnung (und vor allem die Staub- und Schmutzschichten) bestaunt habe, verbringe ich einen sehr erfreulichen und bereichernden Tag mit meinen Kindern in Tel-Aviv.

Sonnenuntergang in Tel-Aviv


Zwei Tage später folgt ein Ausflug mit Übernachtung ans Tote Meer.

Das Tote Meer liegt einige hundert Meter unter dem Meeresspiegel, gleicht aber eher einer surrealen Mondlandschaft als einem irdischen Meer oder See. Kaum tritt am frühen Morgen die Sonne über die Berge am jordanischen Ufer, steigen die Temperaturen auf über dreissig Grad. Umgehend liegt das ganze Gebiet unter einer Dunstwolke, auch jetzt, Mitte Oktober. Der Dunst verwischt alle Übergänge, sodass die umliegenden Berge bis am späteren Nachmittag kaum mehr wahrzunehmen sind. Wortfetzen in unzähligen Sprachen durchdringen die beigefarbene Dunstwolke: russisch, arabisch, hebräisch, englisch, chinesisch, deutsch und vieles mehr.

Das Wasser selbst hat eher die Konsistenz von Öl als von Wasser. Aufgrund des hohen Salzgehalts ist der Auftrieb so stark, dass es einem die Beine hebt, sobald man ins Wasser steigt. Kommt das salzige Wasser mit Wunden oder sogar den Augen in Berührung, brennt es stark. Zur irrealen Stimmung dieses seltsamen Sees trägt bei, dass alle Aktivitäten in Zeitlupe abzulaufen scheinen, sobald man das Wasser betritt. Ganz langsam steigen die Badenden ein, denn der Auftrieb macht schnelle Bewegungen unmöglich. Langsam und vorsichtig bewegen sie sich, um Spritzer zu verhindern. Hier kann man nicht schwimmen oder gar toben, nur einfach ruhig im Wasser sitzen oder liegen. Ich lege mich hin, strecke Beine und Arme von mir und lasse mich schwerelos auf dem Wasser treiben. Auch der Kopf ruht auf dem Wasser, die Ohren knapp unter der spiegelglatten Wasseroberfläche. Blubbernde, schwerelose Ruhe.

Kein Lüftchen trübt die Wasseroberfläche. Das ist wohl die Bedingung für eine neue Entdeckung, die ich heute mache: an einem Punkt des in der Sonne glitzernden Wasserspiegels steigen grosse Blasen auf, wie in einem Sprudelbad. Durch das klare Wasser sehe ich ein etwa 30 cm grosses, dunkles Loch auf dem Meeresgrund. Am Anfang habe ich ein unangenehmes Gefühl und befürchte, dass das Loch in diesem Science-Fiction-See aufklaffen und mich verschlingen könnte. Dann wage ich es langsam, meinen Fuss dem Loch zu nähern. Heisses Wasser steigt in starkem Strom aus dem Loch! Ich habe eine Heisswasser-Quelle auf dem Meeresboden entdeckt! Das Natur-Sprudelbad ist super angenehm. Leider fehlen irgendwelche Festhaltevorrichtungen, damit ich auf den Massagedüsen dieses Natur-Jacuzzi sitzen kann. Meine Versuche scheitern immer wieder, der Heisswasserstrom treibt mich weg. Nach mehreren Versuchen gebe ich auf und lege mich wieder in Relax-Lage auf den Rücken – das einzige, das man hier machen kann.


2 Kommentare:

schreibschaukel.wordpress.com hat gesagt…

Oh - da werde ich ein bisschen neidisch. Ich war nur einmal dort im Winter... und da hab ich mich bloss im Hotel ganz ins Salzwasser getraut. War aber auch dort ein spezielles Erlebnis. :-) In Erinnerung geblieben ist mir auch die Fahrt dorthin; wie eine Passfahrt in der Schweiz, aber verkehrtherum.

Yael Levy hat gesagt…

Liebe Schreibschaukel, dann musst du unbedingt noch einmal hinfahren, am besten im Herbst oder Frühling. Ich war jetzt schon öfter dort und es gefällt mir jedesmal besser!