Leider habe ich auch keine Zeit, den ganzen Sommer über jeden Tag den Garten mit dem Schlauch zu bewässern, also muss ein Fachmann her. Nun ist es mit den Fachleuten in Israel so eine Sache – weil sie sich nämlich nach Lust und Laune einfach selbst so benennen, auch wenn sie die grössten Scharlatane sind. Um dem Abhilfe zu schaffen, wurde das Portal „Midrag“ ins Leben gerufen. Auf Midrag, übersetzt Bewertung, kann man Fachleute auswählen, die von Kunden mit einem Punktesystem bewertet werden. Die Telefonnummern der Dienstanbieter sind nur einsichtlich, wenn man sich verpflichtet, später ebenfalls eine Bewertung abzugeben. Ich rufe die beiden am besten bewerteten Bewässerungsexperten an und warte auf ihren Besuch.
Yossi kommt drei Stunden nach meinem Anruf vorbei, schätzt das Problem ein und macht einen Kostenvoranschlag von 800 Schekeln für den halben Garten oder 1200, wenn ich sämtliche Schläuche erneuern möchte. Yossi macht einen seriösen Eindruck, aber leider weiss ich, dass auch ein Portal wie Midrag in dieser Welt von improvisierten Problemlösungen und überzogenen Fantasiepreisen kaum Ordnung schaffen kann, deshalb hole ich mir eine Zweitmeinung ein.
Eli kommt zwanzig Minuten, bevor ich aus dem Haus muss. Er schreitet mit selbstsicheren Schritten und voller Tatendrang durch meinen Garten. Dann steht unerwarteterweise auch noch sein Partner auf dem Rasen, er trägt eine grosse Rolle Tröpfchenschlauf auf der Schulter. Die beiden fachsimpeln untereinander und reissen an den Schläuchen in meinem Garten. Ich sehe, dass Eli kaum zu bremsen ist und bitte ihn eindrücklich, nichts zu unternehmen, ohne mich vorab über die Kosten zu informieren. Kein Problem! versichert er, und schon erscheint in meinem Garten ein dritter Arbeitskollege mit einer grossen Schneidezange. Ich muss dringend weg, sage ich, bitte mach mir doch einfach einen Kostenvoranschlag. Mach dir keine Sorgen!, beteuert Eli mit einem charmanten Lächeln, wir prüfen nur, wo das Problem liegt.
Dann geht es ruckzuck, der Kollege schneidet mit seiner Zange das komplizierte Schlauchsystem an mehreren Stellen durch, legt einige neue Stücke ein, verbindet hier mit da und schon fliesst das Wasser im Schlauch in starkem Strom auch im trockenen Teil des Gartens. Die Tröpfchen sprudeln, dass es eine Freude ist. Das Eisenkraut lacht mich erleichtert an, Eli sagt, das macht dreihundert Schekel und seine Kollegen packen die Zange und den Restschlauch wieder ein. Ich habe keine Ahnung, was da gerade passiert ist, aber die Bewässerung funktioniert einwandfrei und ich komme doch noch rechtzeitig zu meinem Termin. Einfach dreihundert Schekel ärmer. Wie ich diese – zweifellos zügige und professionelle – Überfallaktion auf dem Portal bewerten soll, muss ich mir noch überlegen.