Samstag, 19. Juli 2025

Was bleibt



In diesen Wochen, wo der Sommer seinen Höhepunkt erreicht, ist die Luft Tag und Nacht so unerträglich heiss und feucht, dass ich mich heute morgen nicht einmal zu meinem gewohnten Früh-morgen-Spaziergang aufraffen konnte. Statt über die Felder zu rennen, sitze ich im Garten. Bis acht Uhr ist es dort erstaunlich angenehm und so lasse ich mich von einem Buch forttragen, während der Tag erwacht. Nur Schmetterlinge und zwitschernde Vögel lenken mich ab. Unser Garten ist zur Zeit ein kleines Paradies. Ich sollte mir wirklich öfter die Zeit nehmen, ihn zu geniessen. Nach über zehn Jahren, in denen ich ihn mit laienhafter Hingabe selbst gepflegt habe, wurde er kürzlich von einem geschätzten Gärtner liebevoll überarbeitet. 
Sogar unser grosser Mangobaum wurde radikal gestutzt. Leider bedeutete das auch den Verlust seiner wenigen Früchte – bis auf eine! Eine einzige Mango hängt noch am Ast. Ich mache mir etwas Sorgen um ihre Zukunft. In wenigen Tagen reise ich in die Schweiz. Wird sie auf mich warten, gereift und golden?



Am Donnerstag waren wir Gäste auf einer Hochzeit – vielleicht die bewegendste, der ich je beiwohnen durfte. Der Anlass war tief berührend, auf eine ganz andere Weise als die Hochzeit meiner eigenen Tochter. Den ganzen Abend über liess mich der Gedanke nicht los, wie zerbrechlich der Faden war, an welchem das Zustandekommen dieses Festes hing. Nur die Handlungsfähigkeit und Bestimmtheit der involvierten Personen und unfassbares Glück in einem bestimmten Augenblick machten den Anlass möglich. Denn es war Yotam, der an diesem Abend seine Liebe feierte – ein Überlebender des Nova-Massakers.
Yotam kenne ich seit seiner Geburt – genau genommen, sogar schon vorher. Aus persönlichen Gründen erinnere ich mich noch lebhaft an den Moment, als meine Freunde uns von ihrer Schwangerschaft erzählten. Unsere erste Tochter wurde nur wenige Monate nach Yotam geboren. Sie teilten sich das Geburtsjahr, und jetzt auch das Hochzeitsjahr.

Doch Yotam wurde am 7. Oktober 2023 ein zweites Mal geboren. Hier ist seine Geschichte.

Dass er heute lebt, liebt und heiratet, erfüllt mich mit einer Freude, die kaum in Worte zu fassen ist. Die Feier war ausgelassen. Jung und Alt tanzten in purer Freude. Wir tanzten auch für jene, die das Massaker oder den Krieg nicht überlebt haben. Für ein paar Stunden rückten der Horror, das Schlachtfeld und der Krieg in den Hintergrund. Man kann nur so leidenschaftlich tanzen, wenn man weiss, dass der Schmerz nicht weit ist. 

Das Leben geht weiter, irgendwie. Neue Familien werden gegründet, Kinder werden geboren. Ich wünsche dem jungen Paar von Herzen eine liebevolle, aufrichtige Partnerschaft und eine erfreuliche und friedliche Zukunft.

Auch beim Blick aus dem Fenster ist der Garten eine Augenweide






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