Freitag, 23. September 2016

Solidarität mit den Drusen

Die drusische Stadt Daliat al-Carmel im Norden Israels organisiert einmal im Jahr einen sportlichen Anlass zur Erinnerung an die in den Kriegen gefallenen Söhne. Scharen von Teilnehmern (etwa 12’000) machen sich an einem Tag im September auf nach Daliat al-Carmel. Ein Grund dafür mögen die vielfältigen Lauf- und Rad-Wettbewerbskategorien sein, aber sicherlich noch viel mehr die Tatsache, dass die Israelis ihrer Dankbarkeit und der Solidarität mit den Drusen Ausdruck geben wollen.

Die drusische Religionsgemeinschaft umfasst etwas mehr als eine Million Mitglieder, welche grösstenteils in Syrien, teilweise im Libanon und mit etwas mehr als 100,000 Personen in Israel leben. Sie sehen sich als Araber, jedoch nicht als Muslime. Ihre Religion ist aus dem schiitischen Islam entstanden und da Praktiken und Einzelheiten der Religion der Drusen nicht außerhalb der Gemeinschaft bekannt sind, wird das Drusentum als Geheimreligion betrachtet. Kein Andersgläubiger kann sich der drusischen Religion anschliessen und nur wer von drusischen Eltern geboren wird, ist Druse. Die größte drusische Ansiedlung in Israel ist Daliat al-Carmel mit über 10.000 Einwohnern. Auf den Golanhöhen leben weitere rund 20’000 Drusen. Dieses ehemals syrische Gebiet wurde 1967 von der israelischen Armee erobert, die dort lebenden Drusen gehören somit nun zu Israel und wäre dem nicht so, wären sie vielleicht heute als Flüchtlinge unterwegs nach Europa.

Weiterhin sind die Drusen in Israel auf rund 20 drusische Dörfer verstreut. Ganz im Gegensatz zu der in Europa weitverbreiteten Meinung, dass jeder Fremde schnellstmöglich integriert und innert einer oder höchstens zwei Generationen zu einem liberalen, aufgeklärten und demokratischen Europäer metamorphieren muss, leben in Israel die verschiedenen Religionsgemeinschaften - mit einigen Ausnahmen - in ihren eigenen Orten und treffen sich nur in öffentlichen Institutionen, wie Universitäten, im Militär und an den gemeinsamen Arbeitsplätzen. Abends jedoch kehrt jeder wieder in sein Dorf zurück, wo er mit seinesgleichen leben und seine eigenen Traditionen bewahren kann.

Die traditionelle Kleidung der Drusen ist schwarz, die Männer tragen dazu ein weisses Käppi, die Frauen meist einen weissen, durchsichtigen Voile-Schleier, den sie luftig-locker um den Kopf legen.

Die Drusen und die Israelis verbindet eine tiefe Freundschaft und als loyale Bürger leisten die meisten drusischen Männer Wehrdienst in der israelischen Armee. Da die drusische Gemeinschaft traditionell konservativ ist, ist es für die drusischen Frauen nicht angebracht, Wehrdienst zu leisten.

Eine Polizistin passt auf uns auf
Eyal und ich begnügen uns mit dem 5km-Lauf zur “Erinnerung an die drusischen Söhne” (es gäbe auch 10 und 15 km Strecken). Die anspruchsvolle Laufstrecke in der hügeligen Gegend um Daliat al-Carmel führt uns abwechslungsweise bergab und dann wieder bergauf. Einige junge Drusen laufen in ihrer traditionellen Kleidung, einer schwarzen, sehr eigenartigen Pumphose. Die zahlreichen Mitläufer, hauptsächlich junge Soldaten, sorgen für gute Stimmung. Sie lärmen, singen, unterstützen sich und feuern sich gegenseitig an. Ich sehe aber auch viele Privatpersonen mit bedruckten T-Shirts “Zur Einnerung an …., gefallen am ….”, oder “…., wir werden dich nie vergessen”, “ich laufe in Erinnerung an meinen Bruder, …., gefallen am …”.
Viele von ihnen können keine 5 Kilometer am Stück laufen, aber sie bestreiten diese Herausforderung, zur Erinnerung an ein gefallenes Familienmitglied und aus Solidarität mit anderen leidtragenden Familien, welcher Religion auch immer.

Nach dem Lauf findet ein grosses Happening statt und die Läufer und Radfahrer werden mit Datteln, Bananen, Jogurts, frisch gebrautem Kaffee und traditionellem Gebäck versorgt.

Die Beziehung zwischen den Drusen und den Israelis ist von Respekt und meist harmonischem Zusammenleben, aber ab und zu auch von Problemen geprägt. Wie Geschwister streitet man sich und rauft sich wieder zusammen, denn eine andere Möglichkeit gibt es nicht.

Es tut mir sehr leid, dass in Europa so viel Schlechtes über Israel geschrieben und verbreitet wird. Hier ist ein Beispiel von einer loyalen und respektvollen Partnerschaft zwischen Religionsgemeinschaften, von welcher in Europa kaum jemand etwas weiss, obwohl es in Israel einige davon gibt.

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