Samstag, 1. April 2017

Der erste April

Es gibt nichts Spektakuläres in meinem Leben und das ist wahrscheinlich gut so. Das Spektakulärste an diesem Wochenende sind wohl die betörende Blütenpracht, für welche ich meinen Morgenlauf am Freitag immer wieder zum fotografieren unterbrechen muss

und die gnocchi di patata mit Cherry-Tomaten und Mozarella-Sauce, die ich am Samstag koche. Das Rezept stammt aus dem Kochbuch von Orna und Ella, aus welchem ich am liebsten von vorne bis hinten alle Rezepte durchkochen möchte. Das Buch gibt es nur auf hebräisch, wer des Hebräischen (oder des Kochens) nicht mächtig ist, dem sei ein Besuch im Restaurant der Beiden in Tel-Aviv empfohlen.

Gnocchi fatti in casa

Ausserdem erhole ich mich von einer schlaflosen Nacht, wie sie uns Kinder im Alter von 15 Jahren wieder bescheren können. Den genauen Ablauf will ich hier nicht wiedergeben, aber die Hauptrolle spielt eine zerbrochene Wodka-Flasche und ein hysterischer Notanruf an die ältere Schwester, welche die Anrufende aus der misslichen Lage befreien sollte, natürlich ohne dabei das feindliche Lager (die Eltern) zu wecken...

Am Samstagmittag genehmigt sich Eyal eine gründliche Siesta (sprich: er schnarcht ohrenbetäubend stundenlang auf dem Sofa). Ich hingegen nutze die Zeit zum Lesen. Für das bevorstehende Treffen mit meinem Buchklub unterbreche ich die Lektüre von „die sieben guten Jahre“ von Etgar Keret und lese wieder einmal „der kleine Prinz“ und wundere mich dabei, was Saint-Exupéry wohl geraucht hat, als er dieses Kitsch-Märchen verfasste. Und noch verwunderlicher finde ich, wie diese hübsch verpackte Banalität eine Gesamtauflage von 80 Millionen erreichen konnte.

Nun denn, während der Erkenntnisgewinn beim Lesen minimal bleibt, befördert mich der Genuss der leckeren Zürcher Pfarrhaustorte, die ich am Vortag gebacken habe, in andere Sphären. Einer Blitzidee folgend verstecke ich das letzte Stück Kuchen gut zugedeckt im unattraktiven Gemüsefach des Kühlschranks und platziere den leeren Tortenteller, auf welchem nur noch einige Krümel zu finden sind, demonstrativ auf der Küchenabdeckung. Ich kenne Eyal gut genug, um zu wissen, dass er im Schlaf von einem dampfenden Tee mit Kuchen träumt... Und natürlich geht wie erwartet und unter immer lauter werdendem Gemecker die Suche in der Küche los, kaum dass er sich den Schlaf aus den Augen gerieben hat. „Das kann doch nicht sein, dass du den ganzen Kuchen aufgegessen hast!“ und „jetzt backst du mir aber sofort einen Neuen und den ess ich ganz alleine“ grummelt er verärgert. Er sucht verzweifelt in allen Schränken und im Tiefkühlfach und kann einfach nicht glauben, dass seine Partnerin wirklich so rücksichtslos ist. Lianne und ich geben uns unterdessen grösste Mühe, nicht loszuprusten. Schliesslich gibt Eyal niedergeschlagen auf, giesst sich einen traurigen Tee „ohne Nichts“ auf und stellt nun für seinen Lieblingskuchen ernsthaft 30 Jahre Partnerschaft in Frage. Dann fische ich den Kuchen aus dem Kühlschrank: „1. April!“ und die Welt ist wieder in Ordnung.

Hier das Rezept für den Kuchen, für welchen Eyal die Scheidung erwägen würde.

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